10 Gründe als Freelancer aus einem Projekt auszusteigen und es zu beenden

Burn Out und FrustrationSchon in meinem ersten Beitrag erklärte ich, wieso ich entschieden habe verstärkt an meinen eigenen Projekten zu arbeiten und mir dadurch ein passives Einkommen aufzubauen.

Dem ewigen Hamsterrad -welches auch bei uns selbstständigen nicht zu selten vorkommt- entfliehen. Deswegen bin ich digitaler Nomade auf Probe. Nichts desto trotz arbeite ich als Webentwickler weiter und möchte euch ein paar Tipps geben, wie man vielleicht sogar ein Burn Out frühzeitig erkennen kann und wann man aus einem Projekt aussteigen sollte.

Ich gehe hierbei nur auf Projekte ein, die auf keinem Dienstleistungs- oder Werkvertrag basieren. Denn dann ist das Aussteigen nicht immer ganz so einfach. 95% meiner Projekte führe ich ohne Vertrag durch. In den meisten fällen reicht eine schriftliche Auftragsbestätigung mit einem schriftlich abgestimmten Anforderungsprofil.

 

Hier also 10 Gründe, um aus einem projektbasierten Auftrag auszusteigen:

 

1. Die Bezahlung deiner Rechnung wird hinausgeschoben.

Hierfür gibt es unendlich viele Ausreden:

  • „Wir strukturieren intern um, daher verzögert sich die Bezahlung.“
  • „Da muss ich in der Buchhaltung nachfragen, es sollte eigentlich schon bezahlt sein.“
  • „Unser Geschäftsführer, der alles absegnen muss ist (für einen langen Zeitraum) im Urlaub.“

Oft wird auch mit Folgeprojekten geworben (oder gedroht), die dich zum Warten animieren sollen. Nehme es nicht hin! Dranbleiben, nachhaken und vor allem auch mal persönlich (oder per Telefon) mit dem Zuständigen sprechen. Bei kleineren Kunden darf auch gerne mal die aktuelle Finanzsituation angesprochen werden. Schließlich ist man kein Unmensch und kann ggf. dem Kunden etwas entgegenkommen. Wichtig: Mahnlauf in jedem Fall korrekt durchführen und im Gespräch bleiben. Kommt keine Reaktion, dann ab zum Anwalt oder zum zuständigen Amtsgericht. Wenn Interesse besteht, wie korrekte Mahnungen aussehen sollen, dann schreibt mir gerne einen Kommentar.

 

2. Es findet trotz Nachfrage keine Abnahme statt, das Projekt ist aber schon online.

Ja, auch das ist mir passiert. Das Projekt war schon seit Monaten online, aber es fühlte sich niemand dazu verpflichtet das Projekt abzunehmen und ggf. Mängel aufzuweisen. Damals war mir nicht ganz klar, wie ich hätte vorgehen sollen. Dann habe ich irgendwann über eine Recherche eine Aussage der Rechtsanwältin Nele Trenner gefunden:

Da bei einer Webseite (wie auch bei Software) kein körperliches Werk hergestellt wird, welches abgenommen werden kann, gilt als Abnahme der Zeitpunkt der Produktivstellung. Das bedeutet, dass das hergestellte Werk eine gewisse Zeit durch den Besteller in der vorgesehenen Weise genutzt worden sein muss.

Quelle: http://www.frag-einen-anwalt.de/Werksvertrag—f107750.html
 

3. Du kannst Nachts nicht schlafen.

Wenn du -genau wie ich- ein Perfektionist bist, dann machst du dir über ein Projekt sorgen, welches noch nicht fertiggestellt ist. Wenn jeden Tag und vor allem gerne auch abends und nachts Emails mit Mängel in deiner Mailbox eingehen. Wenn dies auch noch wahllos in hunderten von Emails unstrukturiert passiert, dann belastet dich das sehr. Meist sind dies, sehr unstrukturierte Projekte, bei denen Anforderungen schon zu Beginn nicht klar definiert waren. Wahrscheinlich wird es dich auch noch belasten, dass deine anderen Kunden warten und du mit jeder Arbeitsstunde Geld verlierst, weil das Budget schon längst ausgeschöpft ist.

 

4. Du bist mehr am Telefon, als am produktiven Arbeiten, weil sich ständig etwas ändert.

Manchmal wünschte ich mir eine Dauerleitung zu bestimmten Kunden. Du kommst nicht zum arbeiten, weil ständig das Telefon klingelt. Es folgen Nachfragen, wie z.B.

  • „Könnte man das noch einbauen?“
  • „Kann das bitte in grün und nicht in blau dargestellt werden?“
  • „Vergiss bitte nicht, dass auch der Name abgefragt werden soll, da er noch hier und dort erscheinen muss“

Meist sind diese kleinen Zusätze auch noch ein Haufen Arbeit. Du kommst nicht zur Ruhe und schon gar nicht richtig zum arbeiten. In einem gut durch strukturierten Projekt passiert so was nicht!

 

5. Die Anforderungen stehen nicht fest, du sollst aber ein Pauschalpreis machen.

Sehr gerne gewünscht und oftmals für alle Beteiligten eine Horrorshow. Der Kunde weiß nicht, was er möchte, also musst du die Anforderungen definieren. Ob diese immer zu 100% mit den zukünftigen Wünschen des Kunden übereinstimmen ist fraglich. Dabei sollte jeder wissen: Ohne Spezifikationen, kann kein Preis genannt werden. Schließlich gehe ich auch nicht zum Autohändler und frage: „Was kostet ein Auto bei Ihnen?“.

 

6. Der Kunde ist gar nicht zu erreichen, obwohl der Online Gang naht.

Es sammeln sich immer mehr Rückfragen und es geht keiner an das Telefon? Du weißt genau, dass das Projekt in ein paar Tagen online gehen muss und auf einmal bist du auf dich allein gestellt? Plötzlich musst du Entscheidungen fällen und hoffen, dass du sie korrekt gefällt hast. Ein komplettes No-Go! Jeder Projektmanager sollte in den heikelsten Tagen vor dem Launch zu erreichen sein und jeder gute Projektmanager sollte noch nervöser sein, als du selbst. Wenn nicht, dann läuft eindeutig etwas falsch.

 

7. Du wirst krank.

Du ernährst dich gesund, schläfst genug und gehst vielleicht sogar zum Sport? Trotzdem wirst du krank und das sogar zum wiederholten mal in kürzerster Zeit. Hier ist besondere Vorsicht geboten. In den meisten Fällen wird dies nämlich sehr gerne ignoriert und als kleine Erkältung abgetan. Ich wurde immer krank, bevor ich in den Urlaub gehen sollte. Die Wochen vor meinem Urlaub haben mir meistens ganz viel Kraft geraubt. Ich habe nur noch gearbeitet und versucht alle Kunden zu bedienen. Als der Stress abfiel und ich langsam realisiert, dass eine Pause nahte, dann hat es mich erwischt. Dauerstress hält den Körper auf Trapp. Wenn Urlaub in sichtbarer Nähe war, fuhr mein Körper runter und ich wurde sofort krank. Ich hatte außerdem oft Kopf- und Rückenschmerzen und fühlte mich sehr häufig Müde und ausgelaugt. Wenn es soweit ist, sollte man sich auf jeden Fall mit dem Thema Burn Out auseinandersetzen. Dazu kann ich das Buch Burnout-Prävention: 12-Stufen-Programm zur Selbsthilfe sehr empfehlen.

 

8. Es wird von dir gefordert, dass du am Wochenende und/oder Nachts arbeitest.

Ja, ich arbeite auch am Wochenende oder auch mal abends. Aber das tu ich meistens, weil ich es selbst entschieden habe und nicht weil mich ein Kunde dazu nötigt. Mittlerweile gehe ich auf eine solche Anfrage auch gerne ein und erhöhe meinen Stundensatz drastisch. Nur weil man Freelancer ist, heißt es nicht, dass es normal ist am Wochenende und nachts zu arbeiten. Kunden, die dies fordern, fehlt es meistens an Respekt. Respekt ist jedoch etwas, das jeder verdient hat. Lass dich nicht unterbuttern!

 

9. Du hast keine Freizeit mehr.

Kennst du die 80:20 Regel? Auch das Pareto-Prinzip genannt. Das Prinzip besagt, dass 20% unserer Tätigkeiten 80% unseres Erfolges ausmachen. Erkenne diese 20% und vermeide alle anderen Tätigkeiten, die dir sehr viel Zeit rauben und auch nicht den großteil des Erfolges ausmachen. Suche dir die 20% der Kunden, die dein meistens Einkommen ausmachen. Konzentriere dich auf die wichtigsten Tätigkeiten und Kunden und schüttel die ab, die dich zu viel Arbeit kosten. So kannst du deine Freizeit auch endlich Freizeit sein lassen. Dazu kann ich ein unglaublich gutes Buch empfehlen, welches mich noch heute sehr inpsiriert: Die 4-Stunden-Woche: Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben

 

10. Du hast keinen Spaß mehr.

Klar, Arbeit ist Arbeit. Aber in unserem Fall ist die Arbeit unser Hobby. Ich habe mich gerne noch abends oder am Wochenende an den Rechner gesetzt und an meinen eigenen Projekten zu arbeiten. Leider hatte ich auch Phasen, an denen ich den Rechner nach Feierabend nicht mehr sehen wollte. Ich hatte sogar überlegt, ob ich nicht einen anderen Job machen sollte. Nur um wieder Spaß an der Webentwicklung zu haben. Ich habe an mir und an meiner Tätigkeit gezweifelt. Ich war unglücklich und überarbeitet. Wenn es soweit ist, dann ändere den Kunden, deine Arbeitsweise oder dein Arbeitspensum.

Fazit:

Achte auf deine Gesundheit und nehme alle Signale wahr. Ignoriere sie nicht. Ich musste leider oftmals miterleben, wie viele Webworker aufgrund von Burn Out einfach nicht mehr zu erreichen waren. Wenn es soweit ist, dann ist es meist schon zu spät und du brauchst Monate, wenn nicht sogar Jahre um wieder arbeiten zu können. Aus solchen, zunächst vermutlich kleinen Problemen kann sich schnell eine psychische Erkrankung entwickelen. Lass es nicht zu, es ist dein Leben!

Wenn nur zwei der oben genannten Punkte zutreffen, würde ich mir meine Gedanken machen!

Wie siehst du das? Kennst du noch weitere Gründe, um aus einem Projekt auszusteigen? Wie sieht deine Erfahrung mit stressigen Projekten aus?

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2 Antworten

  1. Frank sagt:

    Ich bin eigentlich nicht aus Projekten ausgestiegen, ich habe bisher vorher meistens gut genug abgewägt, ob ich es schaffen könnte oder nicht. Wird ein Projekt einmal richtig zäh und mühsam, ist es gut, sich so zu verhalten wie im Ausdauer- oder Bergsport: Nicht mit Gewalt weiter machen, sondern einen Gang zurück nehmen und durchaus auch mal eine Pause machen.
    Einen Berggipfel der einem viel abfordert, erreicht man meistens ziemlich sicher mit kleinen Schritten und ohne den Gedanken daran, was noch alles vor einem liegt.
    Das Wochenende sollte einem heilig sein, denn ohne diesen Unterbruch fehlt die Erholung für die nächste Woche. Zwei Stunden vor Schlafenszeit sollte die Arbeit beendet werden um abschalten zu können, und gerade bei Programmierern, wenn es mal läuft, Finger weg von neuen Aktionen zur späten Stunde, denn oft gehen die erstmal schief und lassen einen dann nicht mehr schlafen.
    Dass man den Rechner nach Feierabend (wann hat ein Selbständiger Feierabend?) manchmal nicht mehr sehen will, ist eigentlich ein gutes Zeichen. Der Körper signalisiert, dass es jetzt reicht und man dringend was anderes tum sollte, und zwar etwas ganz anderes als mit Computern.
    Diejenigen die das nicht merken, die trifft es mit einem Schlag.

  2. Chris sagt:

    Wenn dich ein Projekt derart vereinnahmt, dass du am Rande des Burnouts stehst, gibt es kaum eine andere Möglichkeit als dort auszusteigen. Die Gesundheit sollte dir und dem Auftraggeber zu jeder Zeit heilig sein.

    Aus einem Projekt auszusteigen sollte aber nur die letzte Reißleine sein. Besser ist, wie in anderen Bereichen des Lebens sicher auch, immer noch Prävention. Du hast ja schon den Punkt der unklaren Anforderungen aufgeführt. Dieser ist für mich immer ein klares Alarmsignal. Werden die Anforderungen auch nach mehrfachen Gesprächen oder Nachfragen nicht klarer definiert, bringen mich keine zehn Pferde dazu, in dieses Projekt überhaupt erst einzusteigen.

    Ein anderes für mich wichtiges Signal ist die Umgangsform mit dem jeweiligen Auftraggeber und das daraus resultierende Wohlgefühl. Ich habe es persönlich am liebsten, wenn meine Kunden und ich uns auf Augenhöhe begegnen können und dabei eine freundschaftliche und respektvolle Geschäftsbeziehung führen. Wie du kann ich mit Hierarchien nicht viel anfangen und bevorzuge daher auch das Du in der Kommunikation. Für mich eine wichtige Voraussetzung, um mich innerhalb der Zusammenarbeit wohl zu fühlen und meine Arbeit somit qualitativ besser erledigen zu können.

    Sicher ist, dass ich so immer noch nicht mit Bestimmtheit sagen kann, dass ein Projekt nicht doch nervig werden könnte. Aber ein paar potentiell unangenehme Projekte und Kunden fallen so zumindest einfach schon mal durchs Sieb.

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